Positionspapier zu Qualitätsstandards der Kinder- und Jugendbeteiligung

In seiner Rolle als beratendes Gremium für das Jugendministerium hat sich der Landesbeirat für Jugendarbeit mit den Qualitätsstandards für eine Kinder- und Jugendbeteiligung auseinandergesetzt und diese Positionierung erarbeitet. Denn wir sehen, dass aktiv einbezogene und geförderte junge Menschen essenzieller Teil einer starken und lebendigen Demokratie sind.

Demokratiebildung und Demokratieerfahrungen junger Menschen sind Grundpfeiler zum Erhalt demokratischer Strukturen auf allen Ebenen. In einem Flächenland wie Niedersachsen mögen Beteiligungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen vor Ort noch gelingen, auch wenn die Mobilität junger Menschen gerade im ländlichen Raum herausfordernd sein kann. Die Beteiligung junger Menschen bei der Vorbereitung von politischen Entscheidungen auf Landesebene ist aber mit verschiedenen Herausforderungen konfrontiert, u.a. in der Ansprache und Auswahl junger Menschen aus einer heterogenen Gesellschaft sowie eines umfassenden Geflechts von Zuständigkeiten und Akteur*innen.

Qualitätsstandards zu Kinder- und Jugendbeteiligung auf Landesebene müssen einen konkreten Rahmen für die Förderung von Engagement und Beteiligung junger Menschen bieten. Diese Standards unterstreichen die Bedeutung einer inklusiven Demokratiebildung, die darauf abzielt, die Stimmen und Perspektiven von jungen Menschen in politischen Entscheidungsprozessen zu stärken. Daraus ergeben sich folgende zentrale Aufgaben zur Qualitätsentwicklung und -sicherung:

1. Stärkung bestehender Beteiligung: Viele junge Menschen engagieren sich in Niedersachsen in bestehenden Beteiligungsstrukturen von der kommunalen Ebene bis hinauf zur Landesebene. Daher müssen die vorhandenen Gremien und Verfahren zur Mitbestimmung auf Landesebene gestärkt und klar in ihren Aufgaben erfasst werden. Dies verhindert Konkurrenz zwischen Gremien in Bezug auf Zuständigkeiten sowie Repräsentanz und fördert eine stimmige Beteiligungskultur.

2. Inklusive Beteiligungsformate: Eine breite Vielfalt an Möglichkeiten zur Beteiligung ist entscheidend, um die Diversität der Lebensrealitäten junger Menschen widerzuspiegeln. Es bedarf offener und barrierearmer Beteiligungsformate, die allen Kindern und Jugendlichen offenstehen, unabhängig von ihrer sozialen oder kulturellen Herkunft.

3. Transparenz und Information: Die Auswahl von jungen Menschen für eine Beteiligung auf Landesebene muss transparent dargestellt und auf Nachfrage erläutert werden können. Informationen über Beteiligungsmöglichkeiten müssen leicht und rechtzeitig zugänglich sein, um eine breite Beteiligung zu fördern und zu ermöglichen.

4. Begleitung und Unterstützung: Auf Landesebene geht es um Entscheidungen, die direkte Auswirkungen auf die Lebenswelt junger Menschen haben. Daher sind junge Menschen hier Expert*innen für ihre unterschiedlichen Lebenswelten. Die Beteiligungsmöglichkeiten auf Landesebene sind jedoch zum Teil komplex. Dafür braucht es inhaltliche und zusätzliche zeitliche Ressourcen von Fachkräften bei den zuständigen Stellen. Diese Ressourcen gewährleisten eine effektive Umsetzung von Jugendbeteiligung und bieten jungen Menschen Unterstützung bei ihrem Engagement.

5. Integration in politische Programme: Kinder- und Jugendbeteiligung sollte nicht nur aus konkretem Anlass geschehen. Wir befürworten die Integration von Kinder- und Jugendbeteiligung in landespolitische Programme und Strategien. Die kontinuierliche Weiterentwicklung dieser Programme unter Einbeziehung der Interessenvertreter*innen junger Menschen ist essenziell für eine relevante und zeitgemäße Beteiligungskultur, sie hat direkte Auswirkungen auf das Erleben von Demokratie.

6. Förderung bestehender Strukturen: Bereits bestehende Strukturen, wie Kinder- und Jugendverbände[1], Jugendringe[2], Angebote der offenen Kinder- und Jugendarbeit[3] sowie Beratungs- und Vernetzungsstellen[4] für Kinder- und Jugendbeteiligung, sind bedarfsgerecht zu fördern und auszubauen. Diese Strukturen bilden das Rückgrat einer nachhaltigen Jugendbeteiligung und benötigen kontinuierliche Unterstützung und Ressourcen. Sie können junge Menschen befähigen und ansprechen, damit diese sich in den Beteiligungsstrukturen engagieren.

Unsere Position beinhaltet die Überzeugung, dass Engagement und Beteiligung nicht nur als Rechte, sondern auch als gesellschaftliche Verantwortung betrachtet werden müssen. Die Demokratiebildung muss darauf abzielen, junge Menschen und ihre Fähigkeiten zur aktiven Teilnahme an gesellschaftlichen Prozessen zu stärken. Dies schließt nicht nur die politische Beteiligung ein, sondern erstreckt sich auch auf soziales und gemeinnütziges Engagement.

Diese Aufgaben müssen gesamtgesellschaftlich umgesetzt werden. Der Landesbeirat für Jugendarbeit sieht aufgrund der Voraussetzungen, Angebotsformen und methodischen Ansätze des Feldes die Jugendarbeit hier als zentrale Akteurin auf allen Ebenen. Hierfür muss Jugendarbeit gestärkt werden. Zur Gewährleistung einer qualitätssicheren Umsetzung der oben genannten Aufgaben bedarf es aber einer ernsthaften Auseinandersetzung und Bearbeitung seitens aller Entscheidungsträger*innen sowie den Handlungsfeldern und Institutionen, die das Aufwachsen junger Menschen begleiten und unterstützen.


[1] Zusammenschlüsse von jungen Menschen zu gemeinsamen Interessen, deren demokratische Strukturen von jungen Menschen getragen werden.

[2] Zusammenschlüsse von überwiegend Kinder- und Jugendverbänden auf kommunaler Ebene, Landes-oder Bundesebene.

[3] Angebote, die offene, gestaltbare Räume bieten, in denen sich Kinder und Jugendliche erproben sowie erfahren können und miteinander in den Austausch kommen können.

[4] Strukturen, die durch Fachexpertise einen Austausch von Akteuren ermöglichen und diese fachlich in ihren Vorhaben unterstützen.

Neuer Landesbeirat nimmt Arbeit auf

Am 11. Mai konstituierte sich der neu strukturierte Landesbeirat für Jugendarbeit. In seiner neuen Zusammensetzung ist der Landesbeirat überwiegend mit jungen Menschen unter 27 Jahren besetzt. Ziel der Umstrukturierung ist es, in einem für junge Menschen sehr relevanten Gremium mehr Beteiligung für junge Menschen zu schaffen. Mit der Wahl von Regina Gehlisch (Landesjugendring Niedersachsen e.V.) zur Vorsitzenden und Alina Schilling (Paritätisches Jugendwerk) zur stellvertretenden Vorsitzenden setzte das Gremium auch ein klares Zeichen, denn beide Positionen sind somit durch junge Menschen besetzt.

Neben einer ersten Themensammlung für die anstehende Legislatur und Formalitäten wurde die Sitzung durch ein erstes Kennenlernen und den Austausch der neuen Mitglieder geprägt.

Wie wichtig der Landesregierung das Thema Beteiligung ist, wurde durch die Anwesenheit des niedersächsischen Jugendministers Dr. Andreas Philippi deutlich. Der Minister hielt zu Beginn der Sitzung ein Grußwort, in dem er betonte, mehr direkte Jugendbeteiligung schaffen zu wollen. Er wünschte dem Gremium viel Erfolg bei seinem Einsatz für die Belange der jungen Menschen in Niedersachsen und versprach, dass für den Landesbeirat für Jugendarbeit immer „ein offenes Ohr beim Minisiterium“ bestehe.

Empfehlungen des Landesbeirats für Jugendarbeit für den Umgang mit der Corona-Pandemie und den Auswirkungen auf die Jugendarbeit

Vorbemerkungen

Im Rahmen seines Auftrags berät der Landesbeirat für Jugendarbeit das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung in grundsätzlichen Fragen der Jugendarbeit. Dieses Papier soll daher aufzeigen, welche Maßnahmen in Bezug auf die Jugendarbeit im Kontext der Corona-Pandemie angemessen erscheinen, wie diese umgesetzt werden können und welche Parameter bei der Neubewertung des Pandemiegeschehens aus fachlich-professioneller Perspektive Berücksichtigung finden müssen. Ziel ist es, das gesundheitliche Risiko für die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit soweit möglich zu reduzieren, dabei aber so wenig Einschränkungen wie nötig zu erlassen.

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Stellungnahme des Landesbeirat für Jugendarbeit zum Handeln des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung während der SARS-CoV-2 Pandemie in Deutschland

 Die SARS-CoV-2 Pandemie ist eine gewaltige Herausforderung für die gesamte Gesellschaft. Die teils drastischen Kontaktbeschränkungen und der massive Eingriff in das private und öffentliche Leben haben wirtschaftliche und soziale Folgen, die in Gänze noch nicht absehbar sind. Dennoch hält der Landesbeirat für Jugendarbeit die Maßnahmen grundsätzlich für verhältnismäßig und notwendig, um den Fortlauf der pandemischen Ausbreitung des Virus zu stoppen und so Menschenleben zu retten. 

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Ganztagsschule und Kinder- und Jugendarbeit 
– Plädoyer für eine Stärkung der kinder- und jugendpolitischen Orientierung

Ein Zwischenruf des niedersächsischen Landesbeirats für Jugendarbeit

Kooperationsstrukturen zwischen Kinder- und Jugendarbeit und Schulen existieren, seit es die unterschiedlichen Formen der Kinder- und Jugendarbeit – von der Jugendverbandsarbeit bis zur kommunalen Kinder- und Jugendpflege – gibt.

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Stellungnahme zur Novellierung des SGB VIII

Das Bundeskabinett hat am 12.04.2017 im Zuge der Reform des Achten Buchs des Sozialgesetzbuches (SGB VIII) den Entwurf des BMFSFJ für ein Gesetz zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen beraten und in das parlamentarische Verfahren gegeben. Dieser Entwurf enthält auch weiterhin mehrere Aspekte, die von Seiten der Jugendarbeit bereits kritisch angemerkt wurden.

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Herausforderungen für die Jugendarbeit und außerschulische Bildungsarbeit in Zusammenhang mit zunehmender (rechter) Gewalt und Hetze in der Gesellschaft

Aktuelle Situation

In der öffentlichen Wahrnehmung haben Gewalt und Hetze mit rechtspopulistischem oder gar rechtsextremem Hintergrund in den vergangenen Monaten zugenommen. Rechte Gewalt und rechte Hetze können dabei nicht nur auf Mitglieder von rechten Parteien oder anderen organisierten Strukturen in diesem Bereich reduziert werden.

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